Seit Anfang des Jahres darf ich alle paar Wochen meine Gedanken zur digitalen Kommunikation auf Werbeplanung.at veröffentlichen. In meinem dritten Gastbeitrag habe ich mich dem Thema Facebook und dessen Effizienz im Marketing gewidmet. Der zugegebenermaßen etwas provokativer bzw. zynischer Kommentar spiegelt meine persönlichen Erfahrungen mit Facebook aus Marketing- / PR-Perspektive wider und stellt überspitzt formuliert die Frage, ob sich Facebook überhaupt als Kommunikations-Tool noch lohnt:
Die Facebook-Evangelisten haben uns offensichtlich überzeugt: heute sind wir alle auf Facebook – von der Pizzeria am Eck bis zum Großkonzern. Innovativ ist das schon lange nicht mehr und zahlt sich das heute überhaupt noch aus?
Am Anfang stand die Gratis-Hoffnung
Als wir angefangen haben, irgendwann zwischen 2008 und 2011, hatten wir die Hoffnung auf einen neuen Marketing-Kanal, der sowohl modern, als auch gratis ist. Auf jeder Konferenz und in jedem Magazin wurde uns erzählt, dass hier die Zukunft der Kommunikation mit unseren Zielgruppen liegen würde. Die großen Wachstumsraten haben uns ermutigt und wir hofften, das würde so weiter gehen. Wir bekamen Reichweiten, die, wenn man sie in TKPs umrechnete, unschlagbar günstig waren – sowohl für die klassischen Pinnwand-Postings, als auch für Facebook-Ads. Wobei schon damals jedem, der das Einmaleins der Betriebswirtschaftslehre halbwegs beherrschte, klar war, über kurz oder lang wird dieser Konzern richtig Geld verdienen müssen – allerspätestens jedoch seit dem Börsengang. Und die Umsätze nur mit „freiwillig“ platzierten Facebook-Ads zu steigern, scheint nicht zu genügen. Die Conversion-Hoffnung stirbt zuletzt Die Qualität der User, die uns Facebook auf unsere Websites geschickt hat, war jedoch – zumindest nach meiner Erfahrung – schon immer unterdurchschnittlich im Vergleich zu SEM, organischem Traffic von Google und teilweise sogar zu Display Ads. Die Abbruchraten sind zumeist recht hoch bei Usern, die von Facebook kommen. Auch die Conversions aus Social Media sind in vielen Branchen (ja, es gibt Ausnahmen, die uns als Best Practice immer wieder präsentiert werden) nicht überragend. Doch es gab hohe Wachstumsraten und alle haben auf Facebook gesetzt – somit hatten wir noch Hoffnung!
Die EdgeRank-Ernüchterung und nun?
Seit den Anfängen ist Facebook gewachsen und gewachsen. In der Zwischenzeit sind die meisten Konsumenten in den relevanten Zielgruppen Mitglied des Social Networks. Doch auch die Anzahl der Fanpages stieg, was natürlich zu einer zunehmenden Konkurrenz und einem Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der User führte. Die Konsequenz für uns ist, dank des Edge Ranks, dass unsere Fans, die wir uns hart mit tausenden Beiträgen und lustigen Gewinnspielen erarbeitet haben, unsere Postings gar nicht mehr sehen. Doch nun sind wir abhängig geworden von den Reichweiten – sinkende Zahlen sehen nicht gut aus in unserem Marketing-Excel-Sheet. Also müssen wir wohl Reichweite für unsere Beiträge nachkaufen. Wir bezahlen somit dafür, dass die User, die ja schon unsere Fans sind, auch unsere Postings sehen! Die größere Herausforderung jedoch ist, aus meiner Sicht, das Engagement! Wenn man sich statt der Anzahl der Fans die Anzahl der „Personen, die darüber sprechen“ ansieht, sieht man bei vielen Fanpages eine Stagnation – schon seit Jahren. Das bedeutet, dass zwar die Anzahl der Fans (=Karteileichen) wächst, jedoch die Anzahl der User, die wirklich mal etwas liken, kommentieren oder teilen, nicht steigt und dieser Anteil (=Engagement-Rate) oft unter einem Prozent (!) liegt.
Außer Sunken Costs nichts gewesen?
Aber ändern wir unsere Facebook-Strategie? Hier möchte ich gerne Albert Einstein zitieren:
„Insanity: doing the same thing over and over again and expecting different results.”
Also machen wir in Facebook einfach weiter und glauben oder hoffen, dass die Ergebnisse doch irgendwann besser werden, die User mit unseren Postings interagieren, wir Reichweite bekommen und Facebook sich somit bezahlt macht. Dabei fragen sich Kommunikationsverantwortliche, die sich heute die Zahlen ansehen (wollen), zunehmend, ob die Ressourcen in Facebook auch effizient eingesetzt sind. Was uns helfen könnte, ist das Konzept der „Sunken Cost Fallacy“. Dieses lehrt uns zu fragen, ob wir – ohne die bisher eingesetzten Ressourcen zu betrachten – heute noch die gleiche Entscheidung treffen würden. Vergessen wir also mal, was wir alles schon in Facebook investiert haben! Aktuell erhalten wir für viel Manpower und Ressourcen nur wenig Engagement retour. Glauben wir, dass sich eine Investition auf jetzigem Level auch künftig auszahlen wird? Sobald das innovative Image von Facebook etwas (mehr) abgeblättert ist, werden wir wohl auch bei Facebook eher Business Maßstäbe ansetzen und die Relation zwischen Ressourcen-Einsatz und Outcome bzw. Opportunitätskosten einberechnen. Schauen wir mal, wer seine Facebook-Page abdrehen wird. Das braucht Mut – vielleicht wäre aber das dann innovativ!