Schon wieder ein PR-GAU durch Blogs?

Ob sich dieses Issue zu einem PR-GAU ausweitet ist heute noch nicht ersichtlich. Was den Fall besonders pikant macht, ist dass es sich um eine PR-Agentur handelt, die sich auch mit Weblogs, Blog-Monitoring und Krisenkommunikation auseinandersetzt:

Zentraler Bestandteil und zugleich Grundlage für den Issues Management Prozess ist das umfassende Monitoring aller relevanten Issues sowie das beständige Scanning, um neue Issues aufzuspüren. Dabei soll ausdrücklich betont werden, dass Issues nicht mit Medienthemen gleichzusetzen sind, denn die klassischen Massenmedien greifen Themen oft erst auf, wenn diese ihr „Erwachsenen-Stadium“ erreicht haben, das heißt einen ersten Höhepunkt ihrer Entwicklung ansteuern. (…)

Ein weiterer Schritt ist die kontinuierliche Beobachtung von Weblogs und deren Einbindung in das Issues Monitoring und Management einer Organisation, um möglichen Krisen präventiv zu begegnen. Ein dritter Schritt ist der Aufbau von Beziehungen zu Bloggern und die Diskussion in Weblogs.

Der Verlauf
Auf der Homepage der Agentur wurde Anfang April der zitierte Artikel verlinkt und eine Grafik des Buch-Covers von u.a. A-List-Blogger Don Alphonso vermeintlich ungefragt verwendet.

Dies hat Don herausgefordert zu testen, ob die Agentur effektives Blog-Monitoring betreibt und hat seinen Unmut in den Kommentaren eines anderen bekannten Bloggers kund getan, sein folgendes Handeln angekündigt. (12.April, 11:50 Uhr) und veröffentlichte den Vorfall in seinem Blog (12:25 Uhr).

Eine der Autorinnen kommentierte um 13:28 Uhr:

Wir haben selbstverständlich vor Veröffentlichung des Bildes dessen Verwendung bei Ihrem Verlag abgeklärt. Wir möchten uns bei Ihnen dennoch entschuldigen, dass wir das Bild des Covers beschnitten haben.

Wir haben das Bild vorerst von unserer Homepage entfernt.

Innerhalb von wenigen Stunden wurde das Issue von verschiedensten Blogger aufgenommen und kommentiert.

Um 16:54 Uhr kommentierte sie erneut:

… was in drei stunden in der blogosphäre alles so passiert! da wird geredet, viel geschimpft über kleine und große pr-agenturen in stadt und land, behauptet und geschmäht – und doch nicht kommuniziert.

Am 13. April veröffentlichte Don Alphonso ein Anschreibung an die Agentur in seinem Blog und stellt den Betrag von 250 € für die Benutzung des Bildes in Rechnung.

Es folgen viele Kommentare und Blogbeiträge, die über den Vorfall berichten, PR-Agenturen allgemein und Blog-Monitoring (Stasi-Methoden) im Speziellen kritisieren.


Blog-Monitoring als Schnüffelei?

Blog-Monitoring hat meiner Meinung nach nichts mit „Überwachung der freien Kommunikation freier Menschen“ zu tun, ist keine „Schnüffelei“ und „Meinungskontrolle“ und Blogs sind nicht harmlos und „tun keinem was“, wie Don Alphonso meint. Für Unternehmen stellen Blogs eine ernste Gefahr für das Image dar. Wie andere Fälle (Jamba, Transparency International) gezeigt haben, ist durch die Kommunikation oder Nicht-Kommunikation mit Bloggern bereits erheblicher Reputations-Schaden entstanden. Somit ist das Anliegen von Unternehmen, zu erfahren, was in Blogs über sie geschrieben wird, doch mehr als verständlich.

Issue erkannt – und dann?
Wie dieser Fall zeigt, ist Blog-Monitoring allein nicht der Schlüssel eine Krise abzuwenden, sondern lediglich der erste Schritt. Ob es nun zu einem PR-GAU durch eine noch größere Verbreitung in der Blogosphäre und sogar ein Überschwappen in die klassischen Medien kommt, bezweifle ich.
Doch die bedeutendere Frage ist: wie hätte dies alles verhindert werden können? Was hat die PR-Agentur bzw. deren Mitarbeiter falsch gemacht? Ist der Vorfall eskaliert, weil die Mitarbeiter falsch reagiert haben oder war der Verlauf vorgezeichnet und intendiert von einem einflussreichen Blogger?

Die größte Herausforderung bleibt für mich der Umgang mit Bloggern. Ignoriert man sie, fühlen sie sich provoziert – kommuniziert man (z.B. über Kommentare oder Emails) mit ihnen, kann man nur Fehler machen und wird auch kritisiert.

Aber wie macht man es richtig? Mir scheint auch meine Tipps greifen ein wenig zu kurz…

5 Antworten auf „Schon wieder ein PR-GAU durch Blogs?“

  1. Also: natürlich habe ich mir einen Spass daraus gemacht zu testen, wie fit die wirklich sind. Sie treten mit grossen Worten an, es sollte also kein Problem sein. Es gab in der Sache auch noch gegen 12 Uhr eine Mail, mit dem Vorschlag, dass sie selbst einen Vorschlag machen sollen.

    Als Antwort kam die behauptung, der Verlag hätte die Verwendung erlaubt – einen Ansprechpartner konnte man uns aber nicht nennen, und der Verlag, den ich seit 3 Jahren kenne, würde das m.W. auch nie ohne Rücksprache tun. Sie haben also nicht die Wahrheit gesagt. Und dann die Kommunikation beendet, ohne ein Angebot oder eine Entschuldigung zu bringen. Deshalb habe ich dann die massvolle Rechnung geschrieben.

    Und jede sich bietende Gelegenheit, die Reissleine zu ziehen, versäumt. bewusst, meines Erachtens. Und jetzt frisst sich das langsam in die Agentur rein. Und wird breiter, und sie reagieren nicht. Statt dessen fangen sie an, bei Google nach mir zu suchen. Die nächste Rechnung kommt mit dem Vollpreis, die übernächste mit mahngebühren, und die dritte schreibt dann eine Kanzlei mit allem Pipapo. Und in jeder Stufe können sie sich jederzeit hinstellen und sagen, was ich ihnen von Anfang an rate: ENTSCHULDIGUNG und ES WAR UNSER FEHLER und WIR ÜBERNEHMEN DAS.

    Damit ist das Thema gegessen. ich weiss nicht, was daran schwer sein soll – mehr Brücken kann man nicht bauen.

  2. „kommuniziert man (z.B. über Kommentare oder Emails) mit ihnen, kann man nur Fehler machen…“

    – Nö: solange man authentisch (sprich: menschlich) und wahrhaftig kommuniziert und nicht verschleiert oder gar lügt klappt das IMO sehr gut. Wenn allerdings jemand so eine Kommunikation nicht (mehr) beherrscht und stattdessen nur noch in PR-gespinten Nebelschleierschwaden reden kann (so Leute gibts) ja, dann kann man tatsächlich nur Fehler machen…

  3. Achso, auch die Formulierung „PR-Gau durch Blogs“ finde ich unpassend: der PR-Gau wird nicht „durch Blogs“ verursacht, sondern durch ein Fehlverhalten und darauffolgendes weiteres ungünstiges Verhalten von klar zu identifizierenden Leuten. Es gibt dann halt das ein oder andere Blog, das das erwähnt oder beschreibt – das aber ist keine Ursache („durch“) sondern eine Auswirkung einer Ursache, die mit Blogs nix zu tun hat…

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