Vorurteile gegenüber Blogs

Immer wieder – sei es in persönlichen Gesprächen, in den Medien oder gar in Blogs – trifft man auf Vorurteile gegenüber Blogs und Bloggern. Hier versuche ich manche davon anhand von Studien und Statistiken entweder zu widerlegen oder zu bestätigen.

Ich verkneife es mir, die einzelnen Vorurteile zu kommentieren, da ich das ohne eine gewisse Polemik nicht tun könnte.

Nur Katzen-Content
Statistische Zahlen über den Anteil von Katzen-Bildern und –Stories in Blogs gibt es mE nicht. Zwar schreiben 74,5% der Blogger „Berichte, Episoden, Anekdoten aus meinem Privatleben“, aber nur 2,7% der deutschen Haushalte haben eine Katze und es ist nicht davon auszugehen, dass Katzenfreunde in der Blogosphäre überrepräsentiert sind..
Quelle: Newsaktuell, Wie ich blogge

Blogger sind zumeist Schüler und Studenten
Es ist zwar richtig, dass Schüler und Studenten mit 40,6% einen großen Anteil der Blogger darstellen, aber nicht die Mehrheit. Fast ein Drittel (32,4%) sind Arbeiter/Angestellter/Beamte und über 15% sind selbstständig. Wenn man sich allerdings die deutsche A-List anschaut, findet man auf den vorderen Plätzen wohl keine Studenten und auch die meisten werden die 30 wohl schon überschritten haben – ohne jemandem zu nahe treten zu wollen.
Quelle: Wie ich blogge

Unternehmen starten Blogs, um in den Dialog mit den Kunden zu treten
Die Haupt-Argumente, Blogs in Unternehmen einzusetzen, sind: „being seen to adopt leading edge technology” mit 33,7 % und “utilizing an easy-to-set-up, cheap platform” mit 30,7%. Nur 7% der Befragten gaben “receiving feedback from audience” an.
Quelle: Euroblog2006

Blogs werden nicht gelesen
Von den 35 Millionen Weblogs werden nicht alle sehr stark gelesen. Nach einer amerikanischen Umfrage lesen 20% der Internet-User mindestens gelegentlich Blogs. Geht man davon aus, dass jeder Blogger im Schnitt 20 andere Blogs liest, es 300.000 deutschsprachige Blogs und (geschätzte) 200.000 deutschsprachige Blogger gibt, ergibt sich allein daraus schon eine beachtliche Anzahl von Lesern. Darüber hinaus kommen über Suchmaschinen noch viele Leser hinzu.

Blogs sind ein Hype
Wenn unter einem Hype „meist kurzlebige, in den Medien aufgebauschte oder übertriebene Nachrichten verstanden“ werden, sind Blogs kein Hype. Die Blogosphäre wächst stetig seit Ende der 1990ern, wird aber von den klassischen Medien erst seit kurzem wirklich wahrgenommen.
Quelle: Wikipedia

Die meisten Blogs sind Blog-Leichen
Die Blogosphäre wächst rasend, verdoppelt sich momentan alle sechs Monate und jede Sekunde gibt es ein neues Blog. Viele Blogger geben das Bloggen relativ schnell wieder auf, doch die meisten (55%) bloggen noch nach drei Monaten und über 10% der Blogger posten mindestens einmal pro Woche.
Quelle: State of the Blogosphere, April 2006

Diese Liste ließe sich noch endlos fortsetzten. Vorschläge?

Der Issue-Lebenszyklus in der Blogosphäre

Dies ist eine Auseinandersetzung mit den Themen Issues, Issues Management und Blogs. Unter Issues Management ist „ein systematisches und strukturiertes Verfahren der Identifikation, Analyse und strategischen Beeinflussung von öffentlich relevanten Themen bzw. Erwartungen von Stakeholdern“ zu verstehen (Rötter, PDF).


Der klassische Issue-Lebenszyklus

Unternehmenskritische Themen-Karrieren werden mit dem Issue-Lebenszyklus beschreiben.
Im zeitlichen Verlauf werden hier die öffentliche Aufmerksamkeit, der Handlungsspielraum des Unternehmens und die Kosten für das Unternehmen idealtypisch im Bezug auf das Issue dargestellt. (Darstellung nach Liebl):

issue-lebenszyklus.jpg

Zu sehen ist, dass die Aufmerksamkeit exponentiell ansteigt, einen Höhepunkt erreicht, wieder abnimmt, doch auf einem bestimmten Level (vorerst) bleibt. Für Unternehmen nimmt der Handlungsspielraum – also der Einfluss auf den Verlauf eines Issues – von Beginn der öffentlichen Thematisierung sehr schnell ab, wobei die Kosten für die Bewältigung sehr stark ansteigen.

Der Issue-Verlauf in der Blogosphäre
Dies ist der Verlauf des Issues „Transparency International“ in der Blogosphäre gemessen mit technorati an Blog-Beiträgen, die „Transparency International“ enthalten:
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Ich denke, dass dieser Verlauf typisch für Entwicklungen von populären Themen in der Blogosphäre ist. Die Anzahl der Beiträge steigt schnell und stark, jedoch wird das Thema auch sehr schnell wieder fallen gelassen.

Klassischer Issue-Lebenszyklus und Issues in der Blogosphäre
Nach Liebls Auffassung folgen die wenigsten Issues dem gezeigten idealtypischen Verlauf, doch stelle ich die These auf, dass populäre Issues in der Blogosphäre diesen Gesetzmäßigkeiten zumeist folgen.

Wendet man nun die Grafik von Liebl auf den Verlauf des Issues „Transparency International“ an, sieht das so aus:

issue-lebenszyklus_ti.jpg

Aufmerksamkeit in der Blogosphäre

Die öffentliche Aufmerksamkeit wird nicht nur durch die Blog-Beiträge erzeugt, sondern auch und vor allem durch die Blog-Leser.

  • Aufmerksamkeit in der Blogosphäre = Blog-Beiträge + Blog-Leser

Wird ein Blog-Beitrag veröffentlicht, wird er zunächst von den regelmäßigen Besuchern gelesen und in den Kommentaren diskutiert – dies geschieht allerdings mit einer gewissen Zeitverzögerung.
Auch langfristig tragen Blogs zu der Aufmerksamkeit eines Themas bei. Durch die gute Sichtbarkeit in Suchmaschinen (Erklärung hier) werden Blog-Beiträge gut gefunden und dadurch auch von Internet-Usern gelesen, die keine regelmäßigen Blog-Leser sind. Beispielsweise findet man unter den ersten zehn Google-Ergebnissen bei dem Suchbegriff „Transparency International“ momentan sechs Beiträge aus Blogs oder über den Vorfall.
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Offene Fragen

Es bleibt zu untersuchen, ob es in Blogs auch „schwache Signale“ gibt, die in der Vor-Krisen-Phase erkannt werden können, oder ob die Signale von Unternehmen selbst zu verantworten sind – also die Unternehmen selbst die Auslöser sind.
Auch wenn der Verlauf von Issues in der Blogosphäre dem gezeigten Modell folgt, bleibt zu beantworten, welche Faktoren den Verlauf der Themen-Karriere beeinflussen, um den Verlauf prognostizieren oder gar beeinflussen zu können.

Bloggen fördert die Karriere

Zumindest behauptet dies der Boston Globe in dem Artikel „Blogs ‚essential‘ to a good career„. Hier die genannten Vorteile:

  • Bloggen schafft ein Netzwerk
  • Bloggen kann zu einem Job verhelfen
  • Bloggen ist ein gutes Training
  • Bloggen hilft beruflich aufzusteigen
  • Bloggen macht Selbstständigkeit einfacher
  • Bloggen schafft mehr Möglichkeiten
  • Bloggen kann zum beruflichen Durchbruch verhelfen
  • Bloggen macht die Welt zu einem besseren Ort

Ganz so euphorisch sehe ich das nicht. Wer bloggt, gibt etwas von sich preis und nimmt Teil an der großen Konversation der Blogosphäre. Man macht sich aber auch angreifbar und wird auf seine Äußerungen festgelegt.
Thomas Burg meint

„Man kann sich online eine Reputation aufbauen, beispielsweise durch ein fachlich gutes und interessantes Weblog. Die Anerkennung dafür kann man dann in der echten Welt nutzen.

Das ist schon richtig, doch man kann auch selbst zum Gegenteil beitragen. Äußerungen in Blogs haben persistenten Charakter und können der persönlichen Reputation, wie auch der Reputation eines Unternehmens, schaden, wie Beispiele zeigen. Ein Löschen oder Ändern von Beiträgen bringt dank Seiten wie archive.org nicht den gewünschten Effekt. Ist eine Information erst mal im Netz, bekommt man diese auch nicht mehr raus. Dessen sollte man sich sehr wohl bewusst sein.

Unicef nutzt Blogger als Multiplikatoren

Bloggen gegen AidsUnicef hat die Unterschriftenaktion „Du gegen Aids“ ins Leben gerufen und wendet sich explizit an Blogger:

Weblogs werden von immer mehr Menschen gelesen – sie sind eine eigene Medienform im World Wide Web.Sie können mit Ihrem Weblog einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass die Unterschriftenaktion ein Erfolg wird. Bloggen Sie mit gegen AIDS!

Zusätzlich werden verschiedene Forderungen dargestellt, die mit Fakten untermauert werden.

In der Blogosphäre können sich Themen schnell verbreiten und damit viele Menschen in kurzer Zeit erreichen. Bisher haben bereits über 250.000 Menschen an der Unterschriftenaktion teilgenommen, doch die Liste der teilnehmenden Blogs ist noch relative übersichtlich. Es bleibt zu hoffen, dass sich an diesem Thema noch mehr Blogger beteiligen. Doch ist für die Verbreitung eines Themas innerhalb der Blogosphäre wichtig, dass es von einflussreichen Bloggern aufgegriffen wird. Dies ist allerdings noch nicht der Fall.

Schon wieder ein PR-GAU durch Blogs?

Ob sich dieses Issue zu einem PR-GAU ausweitet ist heute noch nicht ersichtlich. Was den Fall besonders pikant macht, ist dass es sich um eine PR-Agentur handelt, die sich auch mit Weblogs, Blog-Monitoring und Krisenkommunikation auseinandersetzt:

Zentraler Bestandteil und zugleich Grundlage für den Issues Management Prozess ist das umfassende Monitoring aller relevanten Issues sowie das beständige Scanning, um neue Issues aufzuspüren. Dabei soll ausdrücklich betont werden, dass Issues nicht mit Medienthemen gleichzusetzen sind, denn die klassischen Massenmedien greifen Themen oft erst auf, wenn diese ihr „Erwachsenen-Stadium“ erreicht haben, das heißt einen ersten Höhepunkt ihrer Entwicklung ansteuern. (…)

Ein weiterer Schritt ist die kontinuierliche Beobachtung von Weblogs und deren Einbindung in das Issues Monitoring und Management einer Organisation, um möglichen Krisen präventiv zu begegnen. Ein dritter Schritt ist der Aufbau von Beziehungen zu Bloggern und die Diskussion in Weblogs.

Der Verlauf
Auf der Homepage der Agentur wurde Anfang April der zitierte Artikel verlinkt und eine Grafik des Buch-Covers von u.a. A-List-Blogger Don Alphonso vermeintlich ungefragt verwendet.

Dies hat Don herausgefordert zu testen, ob die Agentur effektives Blog-Monitoring betreibt und hat seinen Unmut in den Kommentaren eines anderen bekannten Bloggers kund getan, sein folgendes Handeln angekündigt. (12.April, 11:50 Uhr) und veröffentlichte den Vorfall in seinem Blog (12:25 Uhr).

Eine der Autorinnen kommentierte um 13:28 Uhr:

Wir haben selbstverständlich vor Veröffentlichung des Bildes dessen Verwendung bei Ihrem Verlag abgeklärt. Wir möchten uns bei Ihnen dennoch entschuldigen, dass wir das Bild des Covers beschnitten haben.

Wir haben das Bild vorerst von unserer Homepage entfernt.

Innerhalb von wenigen Stunden wurde das Issue von verschiedensten Blogger aufgenommen und kommentiert.

Um 16:54 Uhr kommentierte sie erneut:

… was in drei stunden in der blogosphäre alles so passiert! da wird geredet, viel geschimpft über kleine und große pr-agenturen in stadt und land, behauptet und geschmäht – und doch nicht kommuniziert.

Am 13. April veröffentlichte Don Alphonso ein Anschreibung an die Agentur in seinem Blog und stellt den Betrag von 250 € für die Benutzung des Bildes in Rechnung.

Es folgen viele Kommentare und Blogbeiträge, die über den Vorfall berichten, PR-Agenturen allgemein und Blog-Monitoring (Stasi-Methoden) im Speziellen kritisieren.


Blog-Monitoring als Schnüffelei?

Blog-Monitoring hat meiner Meinung nach nichts mit „Überwachung der freien Kommunikation freier Menschen“ zu tun, ist keine „Schnüffelei“ und „Meinungskontrolle“ und Blogs sind nicht harmlos und „tun keinem was“, wie Don Alphonso meint. Für Unternehmen stellen Blogs eine ernste Gefahr für das Image dar. Wie andere Fälle (Jamba, Transparency International) gezeigt haben, ist durch die Kommunikation oder Nicht-Kommunikation mit Bloggern bereits erheblicher Reputations-Schaden entstanden. Somit ist das Anliegen von Unternehmen, zu erfahren, was in Blogs über sie geschrieben wird, doch mehr als verständlich.

Issue erkannt – und dann?
Wie dieser Fall zeigt, ist Blog-Monitoring allein nicht der Schlüssel eine Krise abzuwenden, sondern lediglich der erste Schritt. Ob es nun zu einem PR-GAU durch eine noch größere Verbreitung in der Blogosphäre und sogar ein Überschwappen in die klassischen Medien kommt, bezweifle ich.
Doch die bedeutendere Frage ist: wie hätte dies alles verhindert werden können? Was hat die PR-Agentur bzw. deren Mitarbeiter falsch gemacht? Ist der Vorfall eskaliert, weil die Mitarbeiter falsch reagiert haben oder war der Verlauf vorgezeichnet und intendiert von einem einflussreichen Blogger?

Die größte Herausforderung bleibt für mich der Umgang mit Bloggern. Ignoriert man sie, fühlen sie sich provoziert – kommuniziert man (z.B. über Kommentare oder Emails) mit ihnen, kann man nur Fehler machen und wird auch kritisiert.

Aber wie macht man es richtig? Mir scheint auch meine Tipps greifen ein wenig zu kurz…

Warum Google Blogs liebt

Auffindbarkeit und dadurch Sichtbarkeit ist in Zeiten von zunehmender Aufmerksamkeitsökonomie ein Schlüsselfaktor jedes Angebots. Im Internet wird das Angebot zumeist erst durch Suchmaschinen sichtbar und von potentiellen Kunden gefunden. Doch auf der 12. Ergebnis-Seite zum Beispiel bei Google zu stehen, bringt nicht all zu viele Klicks.

Hier die Gründe, warum Blogs von Suchmaschinen gut gefunden werden und oft auch relativ weit oben gelistet werden:

Verlinkung
Eine Hauptbestandteil von Blogs sind Links. Mit Links wird auf den Kontext und auf Quellen des eigenen Blog-Beitrages verwiesen. Die meisten Blogger verweisen in ihrem Beiträgen auch auf andere Blog-Beiträge und in ihren Blogrolls (eine Liste von empfohlenen Blogs) auf andere Blogger. Auch der eigene Inhalt wird verlinkt und ist durch das Archiv oder durch Tags auffindbar.

Dadurch entsteht eine hohe Link-Dichte innerhalb von Blogs und eine starke Vernetzung innerhalb der Blogosphäre.

HTML-Markup
Auch die technische Seite ist für das Suchmaschinen-Ranking nicht unerheblich. In den meisten Fällen ist die Blog-Software so programmiert, dass Inhalt und Form / Darstellung im HTML-Code getrennt sind. Somit ist der eigentliche Inhalt für Suchmaschinen besser lesbar und das Blog hat eine hohe Accessibility durch Suchmaschinen

Permalinks
Ein weiteres Merkmal von Blogs, das für Suchmaschinen relevant ist, sind Permalinks. Dies bedeutet, dass nicht nur jedes Blog, sondern auch die einzelnen Beiträge und oft selbst einzelne Kommentare eine persistente Adresse (URL) haben. Dadurch ist jeder Beitrag eines Blogs referenzierbar und kann verlinkt werden.

URL-Design
Auch das URL-Design (die URL ist die Adresse des Blogs oder Blog-Beitrages) ist wichtig für die Findability. Lesbare URLs machen es nicht nur dem User leichter, sich zu orientieren, wo er sich befindend, sondern dadurch, dass die Suchbegriffe sich auch in der URL vorkommen, werden Sie von Suchmaschinen höher gerankt.

Pagerank™
Die Folge der genannten Eigenschaften ist, dass Blogs meist einen relativ hohen Google-Pagerank™ haben. Dies bedeutet, dass sie von dem Marktführer Google als relevant eingestuft werden und somit höher gelistet werden.

Blogs und SEO
Im Gegensatz zu „normalen“ Websites muss der Code nicht durch Search engine optimization (SEO) optimiert werden, da die Weblog-Software von Haus einen suchmaschinenfreundlichen Code produziert. Dies haben allerdings auch bereits Spammer bemerkt und setzten Spam-Blogs ein, da diese besser als andere Websites gefunden werden.

Motive auf Social Software zu setzten: Reaktion von O2

Oliver Rengelshausen von O2 hat auf Mobile-Macs.de meinen letzten Beitrag aufgegriffen und fragt:

Was spricht dagegen, ein Angebot mit Nutzwert zu schaffen, um auf diesem Weg Nutzer an die Marke heranzuführen und sie ggf. als Kunden zu gewinnen. Schliesst sich das wirklich aus?

Nein, ich glaube nicht dass es sich ausschließet. Das Konzept habe ich auch nicht in Frage gestellt. Ich finde es begrüßenswert, wenn sich Unternehmen im Social Software-Bereich engagieren. Es gehört auch Mut dazu, offen und dialogorientiert zu sein – das ist O2 mit der Plattform definitiv. Es spricht auch nichts dagegen neue Kunden über innovative Wege zu gewinnen.

Doch Brand-Communities sind nun mal ein Marketing-Instrument, dessen Ziele es sind, ein Image aufbauen / zu stärken, bestehende Kunden zu binden, neue Kunden zu gewinnen und auch mehr über die Nutzer der Produkte und deren Erfahrungen zu erfahren. Das wiederum hilft, die Produkte zu verbessern – um das Buzzword zu bemühen: eine Win-Win-Situation.

Doch viele Unternehmen springen momentan auf den Blog-Zug – jedoch aus meiner Perspektive – aus den falschen Motiven auf. Wie die Euroblog2006-Studie gezeigt hat, ist das Haupt-Argument für Unternehmen momentan noch ein Blog zu führen „being seen to adopt leading edge technology“ (34%) und weniger „receiving feedback from audience“ (7%).

Der Ansatz von O2 scheint eher der Zweite zu sein. Ich hoffe, dass das Projekt Erfolg hat und auch andere Unternehmen dadurch ermutigt werden, sich zu öffnen und einen Teil ihres Know-hows zur Verfügung zu stellen.

Blog-Sponsoring – Beispiel O2

Der Handynetzanbieter o2 hat die Plattform Mobile-Macs.de inklusive Blog und (zukünftig) Wiki ins Leben gerufen:

Zusammen mit unserem Sponsor o2 und allen Mac-Usern, die sich daran beteiligen wollen, werden wir hier eine Plattform – bestehend aus einem Weblog und einem Wiki – aufbauen, auf der alle Infos zur Nutzung von Macs mit mobilen Endgeräten (Handys, Xdas etc.) und Netzen (GPRS, UMTS, WLAN etc.) zu finden sind.

Das Mission-Statement des Vertriebs-Verantwortlichen bei O2 Oliver Rengelshausen klingt so:

Als innovatives Mobilfunkunternehmen sieht sich o2 als Impulsgeber. Wir erschließen neue, innovative Möglichkeiten und Wege, ganz im Sinne von „o2 can do“. Deshalb passen o2 und Apple eigentlich recht gut zusammen. Aber als jemand, der selbst seit 12 Jahren begeisterter Apple-User ist, weiss ich, dass das Verhältnis zwischen Mac und Mobilfunkgeräten nicht immer ganz konfliktfrei ist. Und leider haben die Mobilfunkanbieter oft nicht die Kapazitäten jedes Problem so zeitnah zu lösen, wie sie es wollten.

Bisher ist das Wiki noch nicht aktiv und das Blog auch noch nicht sehr spannend. Die Plattform ist jedoch sehr Dialog-orientiert ausgerichtet und ruft an verschiedenen Stellen zur Interaktion auf

Aber was gibt es noch so an offenen Fragen? Mit welchen Problemen plagen Sie sich rum, wenn Sie Ihren Mac mobil nutzen wollen ??

Blogger sollen verlinken
Um das Blog möglichst schnell und effektiv in der Blogosphäre bekannt zu machen, bedienen sich die Macher eines Anreizsystems. Jeder, der zum Beispiel in seinem Blog auf die Seite verlinkt, nimmt an einem Wettbewerb teil. Die Blogger, von deren Websites die meisten User auf die Plattform kommen, können sich „auf der Gewinnseite ihre Preise entsprechend ihrer Preiskategorie aussuchen„.

Ob es O2 wirklich darum geht „Wissen rund um die Frage, wie nutze ich meinen Mac mobil“ zu bündeln, oder lediglich auf das Pferd user-generated-content aufzuspringen und ein junges, zahlungskräftiges Publikum an die Marke heranzuführen und zu binden, wird sich zeigen. Auf jeden Fall ist es ein in Deutschland noch neues, innovatives Konzept.

Case Study: Transparency International und die Blogosphäre

In meinem letzten Beitrag bin ich darauf eingegangen, wie Unternehmen auf Blog-Beiträge reagieren sollten. Ein Parade-Beispiel im Bereich des Issue-Managements für den falschen Umgang mit Bloggern und die Folgen ist das Verhalten von Transparency International Deutschland.

Der Blogeintrag
Eine Bloggerin hat über eine Freundin geschrieben, die bei TI gearbeitet hat und der gekündigt wurde. Der Beitrag ist eine subjektive Meinung einer einzelnen Person, der öffentlich zugänglich ist war und über dessen Wahrheitsgehalt ich nicht sagen kann.

Das Verhalten von Transparency International
Offensichtlich betreibt TI in irgendeiner Form Blog-Monitoring und wurde so auf den Beitrag aufmerksam. Als Reaktion auf den Blog-Beitrag, der in der Zwischenzeit gelöscht wurde, hat die NGO Transparency International eine „strafbewehrte Unterlassungserklärung und ggf. eine einstweilige Verfügung“ per Email und Brief angedroht.

Die NGO hätte auch die Kommentarfunktion nutzen können, um ihre Sicht darzulegen oder ggf. die Bloggerin freundlich bitten können, den Beitrag offline zu setzen. Doch durch das harsche Vorgehen hat die Organisation eine Reaktion der Blogosphäre provoziert, die sehr wohl vorauszusehen war.

Der zeitliche Verlauf

  • Am 13. Januar wurde der Beitrag verfasst und blieb ohne große Beachtung innerhalb der Blogosphäre.
  • Am 24. März hat die Bloggerin dann von der Reaktion von TI berichtet.
  • In den folgenden Tagen berichteten viele Blogger und darunter einige der meistgelesenen Blogs über den Vorfall.
  • Am 26. März ist „Transparency International“ die häufigste Suche bei der Blog-Suchmaschine technorati.

Die Folgen
Transparency International hat auf einen Beitrag unangemessen reagiert, damit Reaktionen provoziert und die Blogosphäre offensichtlich unterschätzt. Die Folgen sind ein klarer Image-Verlust und man kann bereits jetzt den Vorfall als PR-Gau bezeichnen.

Eine NGO, die sich „Integrität, Verantwortlichkeit, Transparenz und Partizipation der Zivilgesellschaft“ auf die Fahnen schreibt und dies nicht lebt, muss damit rechnen, kritisiert zu werden. Eine als nicht angemessen und überzogen wahrgenommene Reaktion provoziert noch mehr Kritik. Da Glaubwürdigkeit für eine NGO sehr wichtig ist, sollte diese nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt und mit Kanonen auf Spatzen geschossen werden.

Die rasend schnelle Verbreitung innerhalb der Blog-Community war absehbar. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Thema in die klassischen Medien diffundieren und damit noch mehr Aufmerksamkeit bekommen wird.

Darüber hinaus werden sehr bald auch in klassischen Suchmaschinen beim Stichwort „Transparency International“ viele (negative) Blog-Beiträge relativ weit oben erscheinen, was dazu führt, dass das Thema langfristig sichtbar bleibt.

Corporate Blogging-Tipps

Immer wieder lässt sich jemand dazu hinreißen komplexe Themen auf eine simple Dos- and Don’ts-Lists oder eine Tipp-Listen zu reduzieren.

Hier eine Link-Liste zum Thema Corporate Blogging: